Dienstag, 27. Februar 2024
Ökumenische Osterkerze 2024
Auch in diesem Jahr haben Vertreter der einzelnen Gemeinden ein Motiv durch einen Mehrheitsbeschluss ausgesucht. Die Mitglieder der einzelnen Gemeinden fertigen nach Zuschnitten ihre Osterkerze selbst. Somit sieht jede Kerze vom Motiv her gleich aus, aber die Ausführung kann kleine Unterschiede aufzeigen. Protestantische und katholische Gemeinden aus Neuleiningen, Sausenheim, Grünstadt, Mertesheim, Bockenheim Obrigheim, Großkarlbach und Obersülzen erstellen die Kerze für ihre Gemeinde. Eine Meditation dazu hat, wie jedes Jahr, der prot. Pfarrer i. R. Rüdiger Schellhaas-Eberle geschrieben.
Einheit in Vielfalt
Ein großes Kreuz, Alpha und Omega und die Jahreszahl 2024 trägt die diesjährige Osterkerze. Damit wäre sie ja eigentlich schon vollständig. Das Wichtigste ist da: Die Botschaft vom Sterben und Auferstehen Jesu, der die Begrenztheit des Lebens überwunden hat und lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Er ist auch in diesem Jahr mit uns jeden Tag – bis es wieder Ostern wird und die Botschaft des Lebens wieder von Neuem erklingt.
Um das Kreuz herum sehe ich viele farbige Dreiecke. Das ist ungewöhnlich. Ein großes Spektrum an Farben ist hier versammelt. Was ist der Sinn?
Ich denke an die Schöpfung, die Natur um uns herum. Um die Osterzeit, im Frühling, beginnt draußen wieder das Leben. Vielfarbige Blüten entfalten sich, Pflanzen und Tiere bieten uns ein buntes Bild.
Und wir Menschen? Auch wir sind mit einer großen Vielfalt beschenkt. Nicht nur die Farben unserer Haut sind es, mit denen wir uns unterscheiden. Es ist auch die Vielfalt der Begabungen und Fähigkeiten, der Neigungen und Lebensentwürfe, der Charaktere und Eigenschaften, der Herkunft und vieles mehr.
Auf der Osterkerze erscheinen die bunten Dreiecke auf den ersten Blick wahllos und willkürlich angeordnet – ohne Zusammenhang. Der zweite Blick aber sagt mir: Sie haben eine Mitte: Das Kreuz.
Mir fällt die Bitte Jesu aus seinem Abschieds-Gebet im Johannesevangelium (Kap. 17) ein: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“
Einheit in der Vielfalt – darum bittet Jesus den Vater. Jesus wollte keine graue Einheitlichkeit. Schon der engste Kreis seiner Freunde war gekennzeichnet von ganz unterschiedlichen Meinungen, Zielen und Plänen. Geeint hat sie aber – spätestens nach Ostern – der Auftrag ihres Meisters, seine Botschaft der Liebe Gottes zu den Menschen weiterzutragen in die Welt. Dieser Auftrag gilt noch immer, auch uns heute im Jahr 2024.
Er gilt zunächst uns Christen in unseren Gemeinden und Kirchen. Einheit in Vielfalt, das schließt Abgrenzung und Ausgrenzung aus, das fordert Offenheit für die Menschen, die uns begegnen und die Bereitschaft, uns mit ihnen auseinander zu setzen – ohne über sie bestimmen zu wollen. Einander in aller Unterschiedlichkeit zu akzeptieren und gelten zu lassen, gemeinsam nach den besten Wegen für ein gelingendes Miteinander zu suchen, daran soll „die Welt“, sollen andere erkennen, dass wir den Auftrag Jesu ernst nehmen.
Aber ich glaube, dieser Auftrag geht über die kirchlichen Grenzen hinaus. Mitmenschlichkeit, gegenseitige Achtung, Solidarität und Barmherzigkeit mit Leidenden und Schwachen – wo das in einer Gesellschaft fehlt oder nur auf bestimmte Gruppen eingegrenzt werden soll, da müssen wir unsere Stimmen erheben und deutlich machen, dass der Wille Gottes und der Auftrag Jesu etwas anderes sagen.
Daran kann uns die Osterkerze immer wieder erinnern.
Rüdiger Schellhaas-Eberle